
Bilder einer verführten und verratenen Generation
Der junge Mann ist mein Vater. Es ist das Jahr 1944 und es ist Krieg. Und Reserveoffiziere werden an der Front kämpfen. Sie haben vorzeitig das "Not-Abitur" gemacht (um die Laufbahn-Voraussetzungen zu erfüllen) und sie werden eine "Schnell-Bleiche" von 6 Wochen erfahren, zu Fähnrichen befördert werden und als Zugführer in den Einsatz gehen.

Mein Vater geriet nach schweren Gefechten, bei denen er auch verwundet wurde, beim Linderhof, dem Traumschlößchen des Bayerischen Märchenkönigs Ludwig II., in amerikanische Gefangenschaft. Und hat in der Folge die Lager aller Westalliierten "durchgemacht", war auch französischer und bitischer POW (Prisoner of War). Denn die Zuständigkeiten wechselten immer mal. Er überlebte das Lager Bretzenheim bei Bad Kreuznach und flüchtete schließlich im Rheinland aus einem britischen Lager.
Denn er wollte nur noch eines: endlich wieder nachhause!
Eine Liebe in den Zeiten nach dem großen Krieg
Der Krieg war vorbei, aber die Not noch nicht zu Ende. Die Versorgung mit Lebensmitteln war in den Städten schlecht. So auch in Pirmasens. Sogenannte Hamsterfahrten führten die Städter aufs Land, um sich bei den Bauern mit Nahrungsmitteln zu versorgen.
Oft weit führten diese Fahrten. Und so kam mein Vater in den Hunsrück, wo er meine Mutter kennenlernte.


Die literarische Verarbeitung einer verlorenen Jugend
Oskar (Oss) Kröher, wie auch sein Zwillingsbruder Heinrich (Hein, Heiner) Schulkamerad meines Vaters, schildert in seinem Buch "Ein Liederleben - Eine Jugend im Dritten Reich" eindringlich die Erlebnisse der Generation unserer Eltern. Mehr als lesenswert.

Zum zweiten Mal in einem Weltkrieg
Jahrgang 1894. Schon das Inferno des Ersten Weltkrieges hat dieser Jahrgang erlebt. Und mit Glück überlebt. Dem Unteroffizier Dreher rettete bei Verdun der neue Stahlhelm das Leben, der die lederne preußische Pickelhaube mit feldgrauem Überzug gerade abgelöst hatte.
Bleibende Traumata
Mein Vater hat über seine Erlebnisse im Krieg nie viel gesprochen. Nur in Andeutungen. Auch über Bretzenheim nur, daß Mitgefangene zuhauf am Hunger und an Cholera verstarben. Dieser Generation hat auch noch niemand bei der Verarbeitung ihrer Kriegs-Traumata geholfen. Es hat ihn wenig begeistert, daß sein Sohn 1973 nach dem Abitur und der Einberufung zum Wehrdienst dann ausgerechnet Offizier der Bundeswehr werden wollte (er selbst hatte 1955 bei der Wiederaufstellung deutscher Streitkräfte das Angebot der Einstellung im Dienstgrad Hauptmann ausgeschlagen).
Und heute?
Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg sind wieder deutsche Soldaten im Einsatz, erbringen einen hohen Blutzoll und kehren traumatisiert aus dem Einsatz zurück.
Sie, ihre Angehörigen und ihre Hinterbliebenen erfahren kaum mehr Beachtung und Zuwendung als die Generation unserer Väter und Großväter. Dieser Krieg heute ist weit weg.
Und deshalb mein Appell, gerade jetzt, kurz vor Weihnachten, diejenigen in unsere Wünsche und Gebete einzuschließen, die das höchste Fest der Christenheit im gefährlichen Dienst am Hindukusch verbringen müssen (ja, Weihnachten ist nämlich entgegen der unsäglichen Werbe-Kampagne eines Elektronik-Großmarktes keine Veranstaltung, bei der der "Sieg" durch die Anzahl der Geschenke unterm Christbaum entschieden wird!).
Deutschland erlebt seine Kriegsweihnacht 2011 mit Soldaten am Hindukusch, am Horn von Afrika, im Mittelmeer, auf dem Balkan. Kein Deutscher, der ein Parlament mitgewählt hat, dass diese Einsätze anordnet und ordnet, dürfte - nicht nur in diesen Tagen, sondern an 365 Tagen im Jahr - permanent darüber aufgeklärt werden, was unsere Soldaten und ihre Familien IM DEUTSCHEN AUFTRAG momentan erdulden und erfahren. Aber es spricht für sich selbst, dass diese Wohlstandsnation zu übersättigt ist, als auch nur für einen Augenblick vom Konsumtreiben abzulassen und auf die zu schauen, die ihr Leben riskieren - nicht für die Deutschen unmittelbar, aber für eine friedlichere Welt. Eine Welt, in der sich auch ein afghanisches oder libanesisches Kind in Frieden und Stabilität auf des Ende des Ramadan und ein serbisches Kind im Kosovo auf die Christmette freuen kann.
AntwortenLöschenDu bringst es auf den Punkt, lieber Alexander, daß es eine friedvollere Welt gebe (wie es ja auch die Weihnachtsbotschaft ist), dafür dienen unsere Frauen und Männer und verdienen größten Respekt.
AntwortenLöschenUnd sie sind auch nicht - wie viele der Gedankenlosen meinen - "selbst schuld", weil sie diesen Beruf gewählt haben. Viele sind in die Bundeswehr eingetreten, da war an die riskanten Auslandseinsätze, gar an Kampfeinsätze, noch lange nicht zu denken. Gleichwohl sind die meisten Soldat geblieben und erfüllen ihren nun gefährlichen Auftrag.
Wir können uns da nicht gleichgültig zurücklehnen und vom x-ten iPhone, vom neuesten Flatscreen oder der nächsten Megapixel-Kanone träumen.