Bei Horst bin ich auf einen
älteren Post gestoßen. Da geht es um Honorare und was man angeblich für Tagessätze erzielen kann. Horst hat sich da schon zur Genüge dazu geäußert und ich habe das auch kommentiert.
Ich möchte das aber mit einem kleinen Beispiel aus meinem eigenen Erfahrungsschatz belegen.
Samstag, 16. März 1991, 08:30 Uhr, Nürnberg:Ich habe nix zu tun, freies Wochende, bin gerade aufgestanden und schlürfe "Tass Kaff". Rauche genüßlich eine Gauloise dazu.
Und dann schrillt das Telefon, daß es mich fast aus meinem gemütlichen Sessel haut.
Am andern Ende der Leitung die Bildredaktion des Stern.
Da war doch mal dieser schreckliche Nebel-Masenunfall auf der A9 in der Münchberger Senke, am 19.Oktober 1990, Massen-/Nebelunfall BAB A9 „Münchberger Senke“; 10 Tote, 83 Verletzte. Einer der schlimmsten Unfälle im deutschen Straßenverkehr. Siehe auch Wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/M%C3%BCnchberger_SenkeÜber Nebelraser wollten die eine Titelstory machen und, sagt mir der Kollege, da hätte es gerade wieder im Nebel gekracht. Das bräuchten sie. Ob ich hinfahren und Fotos machen könne. Belichteten Film eintüten und per IC-Kurier nach Hamburg schicken. Muß spätestens Sonntagabend 18:00 Uhr in der Redaktion sein.
Klar kann ich!
Also Ende mit gemütlichem Kaffeetrinken in Unterhose im gemütlichen Sessel. Rein in die Klamotten, Ausrüstung geschnappt (hoffentlich sind auch noch genügend Diafilme in der Tasche!), rein ins Auto und die BAB 9 hoch Richtung Berlin gerast. Das war damals meine Reporter-Renngranate Honda CRX (siehe animated gif unten).
Hinter Bayreuth nehme ich langsam aber sicher den Fuß vom Gas. Ich kenne die Tücken des plötzlich auftretenden Nebels auf dem Streckenabschnitt, der jetzt kommt.
Aber da ist kein Nebel! Und da ist auch von einem Unfall nix mehr zu sehen!
Aber im Autoradio höre ich, daß es auf der A9 zwischen Hilpoltstein und Allersberg im Nebel massenhaft gekracht hat. Das ist südlich von Nürnberg, Richtung München. Also zurück aus Nordbayern. Vollgas bis Nürnberg. Volle Kanne, die vollen 210 km/h, die meine Rennsemmel hergibt.
Auch bei Allersberg ist kein Nebel mehr, aber der Riesenunfall auf der Fahrbahn aus Richtung München. Ich muß auf die andere Seite und dort ran. Ich kenne mich dort aus. Raus also die Ausfahrt und auf Feldwegen rangepirscht. Die staunen nicht schlecht, als da plötzlich ein Fotograf über die Wiese kommt, der zehn Meter weiter auf dem Schotterweg sein Auto geparkt hat. Ich komme zu "phantastischen" Fotos. Wer hier steht hat nur noch einen zerbeulten Schrotthaufen.
Zurück nach Nürnberg und ans Telefon. Erklärt, daß ich zwar nix aus der Münchberger Senke habe, aber von wo anders auf der A9.
Nein, es muß die Münchberger Senke sein!
Danach telefonieren sich zwei Leute die Finger und die Ohren wund. Der Redakteur in Hamburg und der Reporter in Nürnberg. Halten sich dazwischen ständig gegenseitig auf dem Laufenden. Versuchn, Bilder von dem Crash aufzutreiben. Irgendwo. Die Autobahnpolizei rückt nix raus. Die BILD hat nix, sucht selbst. Bei der Nürnberger dpa oder AP brauche ich gar nicht erst anzurufen. Die lachen sich höchstens kaputt.
Aber Profis sind zäh! Bei der Lokalausgabe in Pegnitz des Nordbayerischen Kuriers werden wir fündig. Einer ihrer Freien, ein Abiturient, der sich am Wochenende die berühmt-berüchtigten paar Kröten Taschengeld dazuverdient, war vor Ort. Der hat die Bilder gemacht. In SW. Macht aber nix. Und auch sein Herr Chefredakteur ist ganz stolz drauf, daß der Stern diese Bilder will. Aber die kriege ich erst morgen, wenn sie wissen, welche sie ins eigene Blatt nehmen.
Sonntagmorgen, sieben Uhr, bin ich wieder auf der A9 nach Norden.
Ich kriege nicht den ganzen Film. Ich schneide nach zähen Verhandlungen fünf Negative raus. Das ist die Ausbeute. Jetzt muß ich sozusagen der "Vor-Redakteur" sein, mir überlegen, welche Bilder die Hamburger Magazinredaktion wohl will.
Zurück in Nürnberg das ganze eintüten, zum Hauptbahnhof und zum IC-Kurier. Hier löhne ich erst mal 120 Mark. Aber das Material ist früh genug in Hamburg. Auch am richtigen vereinbarten Bahnhof, wo es der Kollege Bildredakteur persönlich abholt.
Unten das dann im Editorial abgedruckte Bild.
So, und jetzt zu den Honoraren. Insgesamt muß man sagen, das war ein teures Bild für den Stern, aber als Aufmacher im Editorial muß das sein.
Für meinen Job habe ich 600,--
DM gekriegt, plus die Auslagen für den IC-Kurier und meine Kilometer. Der glückliche "Youngster" hat zum ersten Mal in seinem Leben für ein Foto nicht fünfzehn (oder so in der Preisklasse), sondern 250,-- Mark gekriegt.
Meine sechshundert Märker waren damals vor 18 Jahren gutes Geld. Aber wie heute einer irgendwo schreiben kann, daß man 700 bis 800
Euro Tagessatz kriegen könne ....