Wer jemals in Tel Aviv in einem dunklen Keller gesessen hat, die Gasmaske vorm Gesicht und zwei Nikons um den Hals, und auf den Einschlag der Scud gewartet hat, der weiß, wie das ist, wenn dir der A... auf Grundeis geht.
Zwanzig Jahre ist das jetzt her und präsent, als sei es gestern gewesen.
Und grade jüngst ist mir wieder diese Geldbörse fürs Handgelenk der Israelischen Armee in die Finger gefallen, die ich damals geschenkt gekriegt habe. "War Souvenirs". Mensch, da ist ja sogar noch Geld drin!
Und wenn du dann dieses gleiche Spielchen in einem Army-Camp in der saudischen Wüste erlebst, dann kickt es noch ein bißchen mehr. Denn dort bist du nicht in einem Bunker, sondern liegst hinter Sandsäcken.
Da weißt du dann noch mehr, was Todesangst ist.
Und erst recht, wenn du mit den Schützenpanzern der 7th U.S. Cavalry (das Regiment von George Armstrong Custer, 1876, Little Big Horn und so, nech) in der ersten Feuerlinie auf dem Marsch nach Bagdad bist.
Ich kann mir nichts Schrecklicheres vorstellen als die irakische Wüste. Und das Hämmern der machine guns in dieser einsamen Einöde.
Und ich kann mir nichts Schrecklicheres vorstellen als die zerschossenen Fahrzeuge am Wegrand und den Verwesungsgestank bis zur Unkenntlichkeit zerfetzter Leiber.
Und es ist schrecklich, unbeschreiblich schrecklich, wenn du erlebst, wie Menschen grausam sterben. Nie, nie, wirst du das jemals in deinem Leben wieder vergessen können. Diese verzweifelten Schreie wirst du ewig hören.
Und dann könntest du bloß noch heulen und kotzen.
Das jährt sich jetzt bald zum zwanzigsten Mal.
Und ich weiß, warum ich nur noch Blümchen knipsen will.
Denn: kein Foto vom Krieg wird jemals etwas daran ändern, daß es Kriege geben wird und Menschen in Kriegen sterben werden. Und kein Foto ist es deshalb wert, dafür zu sterben.
Siehe auch:
Im Gedenken
Bildmaterial auch bei Keystone.
I am too smart
vor 2 Tagen
Die Soldaten, die dort hingehen (müssen), wird es wohl immer geben - aber wenn es keine Reporter mehr gibt, die davon berichten, dann wird es nur noch mehr davon geben.
AntwortenLöschenSiehe Tschetschenien...Darfur. Da geht kein "normaler" Kriegsberichter mehr hin - und das Schlachten geht weiter. Nach dem Foto vom Polizeipräsidenten, der in Saigon(?) einem Gefangenen das Licht ausknipst, ging der Rückzug der Amis recht zügig vonstatten.
Wenn Krieg die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln ist, dann sind Reporter die Diplomaten, die auch nach der Kriegserklärung weiterarbeiten.
Danke für diesen Post.
Hallo, Alexander,
AntwortenLöschendas wirkliche Gesicht des Krieges sieht die deutsche Öffentlichkeit nie. Es gibt Dinge, die man dem Publikum beim Lesen der Zeitung am Frühstückstisch nicht "zumuten" kann. Es gibt eine Art von Selbst-Zensur. Selbst bei den Magazinen. Das ist bei uns hier anders als etwa bei Paris Match.
Don McCullin, einer der ganz großen unter den Kriegsberichterstattern, dessen Arbeit ich sehr bewundere, war auch einer der ersten, der die Unmöglichkeit erkannte, mit Bildern etwas zu verändern. Drum ist er schlußendlich auch ein "Blümchen-Fotograf" geworden.
Die psychischen Schäden, die der Reporter durch das Erlebte erleidet (PTBS gibt es nicht nur bei den Soldaten im Einsatz), die Alpträume, das schweißnasse Aufwachen mitten in der Nacht, kann das zwar auch nicht heilen, aber zumindest lindern.
Wenn dann aber auch noch ganz persönlich die Situation eintritt, auf besonders tragische Weise einen geliebten Menschen zu verlieren, dann ist die Tür endgültig zu. Ich könnte heutzutage noch nicht mal mehr einen schweren Verkehrsunfall fotografieren, geschweige denn Dinge wie einen Amoklauf oder sonstige Verbrechen. Ich würde es nicht tun, selbst wenn ich direkt dabei wäre.
Drum meine ganz persönliche Entscheidung, zwar nicht Abstand zu nehmen gegenüber den brennenden Themen unserer Zeit zu werden, speziell auch in "diesem unserem Lande" (Zitat Helmut Kohl), aber in meiner Arbeit Tod und Gewalt "auszublenden".
Viele Grüße
Franz
Der letzte Absatz meines Statements muß natürlich lauten:
AntwortenLöschenDrum meine ganz persönliche Entscheidung, zwar nicht Abstand zu nehmen gegenüber den brennenden Themen unserer Zeit, speziell auch in "diesem unserem Lande" (Zitat Helmut Kohl), aber in meiner Arbeit Tod und Gewalt "auszublenden".