Mittwoch, 28. Oktober 2009

Wenn der Denkmalschutz total versagt

Das war einmal ein spätbarocker stattlicher und prachtvoller Mansardenbau aus dem Jahr 1788. Das Herrenhaus auf dem Felsenbrunnerhof im Landkreis Südwestpfalz. Und stand auf der Denkmalliste. Denn es ist (jetzt muß man sagen: war) eines der letzten architektonischen Zeugnisse aus der Zeit des Landgrafen Ludwig XI.

Denn auch in dessen ehemaliger Garnisonsstadt Pirmasens ist nicht mehr viel aus dieser Zeit zu finden.

Auch dort wurde, was der Zweite Weltkrieg verschonte, systematisch plattgemacht. Die noch in den 60-ern typischen Reihen von Grenadierhäusern in der Schäferstraße mußten der Verkehrsplanung für die "Ader" der Stadt weichen.

Und nun hat es das Jagdschloß auf dem Felsenbrunnerhof getroffen.

Es wurde aus der Denkmalliste genommen und wird nun abgerissen. Besitzer und potentieller Käufer konnten sich nicht über einen Verkauf des leerstehenden Hauses einigen!

Als ich sah, daß der Dachstuhl abgerissen wurde, dachte ich noch: Ja, super, wird das endlich wieder restauriert. Bin ich froh, zumindest das fotografiert zu haben, denn ich habe das Gebäude früher - leider - nie fotografiert! Es war so selbstverständlich und vertraut in der Nachbarschaft. Irgendwann wollte ich es mal ablichten. Wenn es mal wieder einen Anstrich gehabt hätte.

Und dann das. Es wird abgerissen. Ein Denkmal ist plötzlich keines mehr.

Noch im April wurde um das Gebäude gekämpft:

Ein wirklich altes Gebäude, des den Krieg überstanden hat und ein wirklich wichtiges Denkmal für die Region Pirmasens ist, ist es nun nicht mehr weil sich amtlichen Denkmalschützer nicht über ihre Aufgabe im Klaren sind.

„Denkmalschutz wird für Abriss aufgehoben", PZ-Bericht vom 16. April 2009.

Wenn nun auch noch das letzte Herrenhaus aus der Landgrafenzeit tatsächlich aus der Liste genommen wird, muss sofort ein Aufhebungsverfahren für das Beschäftigungsverhältnis der Denkmalschützer im Kreis eingeleitet werden. Man braucht diese ja nicht mehr, da sowieso bald nichts Schützenswertes mehr da sein wird, was am Ende den Landrat ja auch sehr freuen dürfte, er hält ja auch nichts von Denkmalschutz, was er vor kurzem deutlich zu verstehe gab.

Aber es handelt sich auf dem Felsenbrunnerhof ja nicht um irgendein Haus, sondern um eines der wichtigsten Denkmale im Landkreis und der Stadt Pirmasens. Da sich das Wirken der Denkmalschützer wie eine Blutspur durch die Westpfalz zieht - Weiße Kaserne, Loeservilla, Ixheimer Hammer, Renaissancehaus Hengstbach, Felsenbrunnerhof - müsste dieser unglaubliche Vorgang für Historiker ein Graus sein. Wir vermissen aber das laute Aufschreien, auch der Pirmasenser Stadtspitze, schließlich wird der Landgraf allenthalben als Aushängeschild benutzt.
Bisher haben das Landesdenkmalamt und die untergeordnete Stellen beim Landkreis Südwestpfalz und der Stadt Pirmasens bei der geringsten Schwierigkeit, auf wessen Veranlassung auch immer, alles aus der Liste genommen. Dafür werden die amtlichen Denkmalschützer aber nicht bezahlt. Oder sollte es wirklich Aufgabe des amtlichen Denkmalschutzes sein, alles vergammeln zu lassen, bis es abgerissen werden kann. Es gibt genügend Beispiele für solches Wirken in der Vergangenheit. Man muss also auf Landesebene der verantwortlichen Denkmalpflegerin klar machen, wenn der Felsenbrunner Hof unter den gegenwärtigen Bedingungen abgerissen wird, dass sie dann untragbar wird.

Da das Gebäude eindeutig denkmalgerecht sanierungsfähig ist, könnte das Herrenhaus nur wegen einer nachgewiesenen wirtschaftlichen Unzumutbarkeit abgerissen werden, und zwar als Denkmal. Die Praxis, den Denkmalschutz aufzuheben, um ein Objekt abreißen zu können, ist illegal, das korrekte Verfahren sieht anders aus.

Es ist Aufgabe von Frau Enders, dafür zu sorgen dass

a) sofortige Sicherungsmaßnahmen durchgeführt werden,
b) eine Ermittlung der Kosten einer Gesamtsanierung erfolgt und
c) entsprechende Zuschussanträge gestellt werden.

Außerdem sollte man überlegen, ob sich nicht ein Käufer für dieses tolle Objekt findet. Der BUND könnte einen entsprechenden Interessenten „liefern".
Die bundesweit in der Denkmalpflege gängige Praxis hat auch im Landkreis Südwestpfalz angewendet zu werden. Denn wenn dieses System Schule machen würde, hätte dies unabsehbare Folgen für die bundesweite Denkmalpflege. Auch unsere Politiker sollten mehr zu unserer Geschichte stehen und nicht alles, was alt ist, einfach abreißen lassen. Dadurch werden unsere Dörfer und Städte gesichtslos.

gez. Walter Stutterich,

BUND Kreisgruppe Pirmasens
BOLZG / BOLZG

Quelle:
Verlag: Adolf Deil GmbH & Co. KG
Publikation: Pirmasenser Zeitung
Datum: Nr.97
Datum: Montag, den 27. April 2009
Seite: Nr.9


Umsonst. Der Felsenbrunnerhof wird gesichtslos! Und geschichtslos.

Und ich glaube, mit meiner "Drehscheibe Südwestpfalz" habe ich noch eine Menge zu tun.

Die "Drehscheibe Südwestpfalz" berichtet natürlich darüber.


Denn was sich hier abspielt, das ist eine Kulturschande erster Güte!

Da mecker mir nochmal einer über den Melac oder daß Napoleon I. Bonaparte aus dem Speyrer Dom einen Pferdestall machen wollte ...


Updated (09.11.2009):

Der Abriß ist vollzogen. Unten ein Foto, das freundlicherweise Walter Stutterich vom BUND Pirmasens mir zur Verfügung gestellt hat.

Selbst von diesen "Resten" ist nichts mehr zu sehen.

Es ist ein eigenartiges Gefühl, wenn man jetzt durch den Felsenbrunnerhof kommt und das Haus ist weg.

Und ganz, ganz eigenartig berührt es einen, daß in allen möglichen Wanderkarten der Felsenbrunnerhof als touristisch lohnenswertes Ziel und das Herrenhaus als "K.D.", als Kulturdenkmal, ausgewiesen wird!

6 Kommentare:

  1. es geht immer und immer wieder nur um die kohle.

    stimmt das was ich gehört habe...pirmasens wird komplett abgerissen und ein freizeitpark wird dort hin gebaut ?

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  2. ===> stimmt das was ich gehört habe...pirmasens wird komplett abgerissen und ein freizeitpark wird dort hin gebaut ?

    Man müsste sich nicht wundern ...

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  3. Behaltet wikio.de unter dem Stichwort Südwestpfalz im Augre!

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  4. Na dann kann ja endlich vielleicht ein stattlicher Bürgersteig und ein Parkplatz dort hin.

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  5. >>>Anonym hat gesagt…
    Na dann kann ja endlich vielleicht ein stattlicher Bürgersteig und ein Parkplatz dort hin.<<<

    Ja, so wird's wohl sein. Kein "oller Schuppen" mehr, der in die Straße ragt. Der Abriß ist übrigens mittlerweile "erledigt".

    Auf meinem "Parallel-Post" bei Wordpress hat übrigens Walter Stutterich, den ich zitiert hatte, einen Kommentar hinterlassen, der einige Fakten richtigstellt. So zum Beispiel das Baudatum.

    Dafür bedanke ich mich sehr herzlich.

    Auch die Hintergrund-Info bezüglich des Eigentümers im 18. Jahrhundert und seine zeitgenössische Bedeutung kannte ich bis dato nicht.

    Auch dafür herzlichen Dank.

    Wenn man das noch zusätzlich bedenkt, dann muß man erst recht von einer Kulturschande erster Güte sprechen!

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